Lehrerinnenheim
Hohe Mark bei Oberursel i/Taunus
Im September 1927
An unsere verehrten Mitglieder.
Am 5. Juli 1928 wird unser Frankfurter Lehrerinnenheim das Jubiläum seines 25-jährigen Bestehens feiern.
Bis in die Kriegszeit hinein stand es in voller Blüte. Dann kamen die letzten schweren Kriegsjahre mit ihrer Nahrungs- und Kohlennot und legten seinen Betrieb beinahe ganz lahm. Ein Heimchen nach dem anderen zog fort, weil das Haus zu wenig den Bedürfnissen des Alters entgegenkommen konnte. Die letzte Lehrerin im Ruhestand, die das Heim bewohnte, starb im Jahr 1923. Trotz aller Schwierigkeiten der Kriegs- und Nachkriegsjahre ist unser Heim glücklich über die Inflationszeit hinüber gerettet worden und hat sich wieder gehoben. Namentlich ist in diesem Jahre eine erfreuliche Entwicklung zu verzeichnen. Wenn es aber, ganz wie ehedem, aufblühen soll, wenn vor allem seiner ursprünglichen Bestimmung, auch als Altersheim für Kolleginnen zu dienen, Rechnung getragen werden soll, dann sind ver-schiedene tief einschneidende Neuerungen im Gebäude vorzunehmen.
Nach ernstlicher Überlegung haben wir den Entschluss gefasst, nach den Herbstferien eine Zentralheizung einbauen zu lassen, die allerlei andere Instandsetzungen und Ergänzungen nach sich ziehen wird. Das bis heute ganz schuldenfrei dastehende Heim muss nun eine Hypothek aufnehmen, was für uns eine grosse Verantwortung und nicht geringe Sorge bedeutet. Dennoch gehen wir zuversichtlich ans Werk, weil wir glauben, dass das nach neuzeitlichen Forderungen eingerichtete Haus rasch wieder in Gang gesetzt werden kann, wie es Stifter und Begründer sich vor 25 Jahren gedacht und auch verwirklicht haben. Während es jetzt schon wieder als Erholungsheim in den Sommermonaten stark in Anspruch genommen ist und hier Vollbetrieb herrscht, rechnen wir auch auf neue Dauergäste, sobald die Zentralheizung ein gemütliches Heim auch in den langen trüben Wintermonaten gewährt. Wir hoffen auf neue Heimchen aus den Kreisen unserer lieben Kolleginnen im Ruhestand. Ganz besonders erfreulich wäre es, wenn wir bald so aufblühten, dass auch mancher durch die Inflationsjahre geschädigten Privatlehrerin oder anderen in freien Berufen geschädigten Frauen unser Heim seine Tore öffnen könnte, um ihnen einen behaglichen, vor Not und Sorge geschützten Lebensabend zu sichern.
Das Heim der badischen Lehrerinnen geht uns in dieser Beziehung mit leuchtendem Beispiel voraus und wir wollen solche Ziele, die im Sinne unserer Stifter und Gründer sind, gerade im kommenden Jubiläumsjahr allen unseren Mitgliedern warm ans Herz legen. Deshalb ergeht an Sie alle die Bitte, gedenkt unseres lieben Heims und aller damit verbundenen so ernsten und schönen Aufgaben. Gebt ein Scherflein wenigstens zu unserem Jubiläumsfonds (Postscheck-Konto Nr. 56837) und helft uns dazu, das Jubiläumsjahr so zu gestalten, dass wir uns sagen dürfen: Unser kostbares Vermächtnis, unser teures Heim im herrlichen Taunus, mag in froher Zuversicht ins zweite Viertelhundert hineinschreiten und sich mutig in sozialem Sinne weiter ausbauen.
Der Vorstand des Lehrerinnenheims.
i.d. Namen die I. Vorsitzende:
Emmi Gottwein